Green Productivity erfordert Infrastruktur, Bildung und Investitionsförderung
L P D – Digitalisierung als Hilfsmittel auf dem Weg zur mehr Nachhaltigkeit ist das Hauptthema auf der Agritechnica – da waren sich die Besucher nach den ersten Tagen auf dem Messegelände in Hannover einig. Nicht nur an den Ständen der Landmaschinenhersteller, auch an den Vortrags- und Diskussionsbühnen des Veranstalters, der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG), nahm der Umgang mit dem Fortschritt und den damit verbundenen Möglichkeiten zur Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln, Dünger und Kraftstoffen sowie zur Verminderung von Bodenverdichtungen einen großen Raum ein.
„Landwirte sind für neue Technologien offen, sie müssen aber auch von ihrem Hof leben können“, fasst Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies die Einstellung der meisten Besucher zusammen, die noch bis Sonnabend, 18. November, mit offenen Augen durch die Messehallen marschieren, die Kaufentscheidungen jedoch genauestens abwägen und neue Systeme gerne erstmal gemeinsam mit drei oder vier Berufskollegen ausprobieren. Hennies selbst informierte sich auf der Messe über Neuheiten für die Bewässerung seiner Felder. Der Ressourcenschutz geht seiner Meinung nach dabei Hand in Hand mit der Produktivitätssteigerung und einer Anpassung an die veränderten Klimabedingungen.
„Es lohnt sich, bei den Ressourcen zu sparen“, befand Dr. Klaus Heider, Abteilungsleiter für den Bereich Ländliche Entwicklung und Digitale Innovation des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), der zum Thema „Teilflächenspezifische Bewirtschaftung“ referierte. Immerhin betrugen die durchschnittlichen Betriebskosten für Pflanzenschutz und Dünger im vergangenen Jahr 300 Euro pro Hektar.
Neben Sortenwahl, Bodenbearbeitung und Fruchtfolge biete die Digitalisierung hierzu eine weitere Möglichkeit, die allerdings auch Risiken beinhalte und die Landwirtschaft in eine neue Abhängigkeit bringe. Heider hob drei Punkte hervor, die den Einsatz erst praktikabel machen: Eine gute Infrastruktur, was Mobilfunk, Breitband und Datentransfer angeht, eine berufliche Ausbildung, die den Landwirten den Umgang mit der Technik ermöglicht und die finanzielle Förderung von der Forschung bis hin zum praktischen Einsatz in den unterschiedlichen Regionen. Eine intensive Diskussion gab es auf der Bühne des DLG-Standes auch zum Thema „Neue Antriebssysteme für die Landwirtschaft“. Zwar waren sich die Experten sicher, dass Trecker auf dem Feld noch viele weitere Jahre mit einem Verbrenner angetrieben werden, kleinere Hoflader, die direkt mit dem Strom aus der Photovoltaikanlage auf dem Stalldach gespeist werden können, seien aber schon heute auf einigen Höfen Realität. Sie fordern daher eine differenzierte Betrachtung, denn ein 50 PS-Hoflader habe mit einem 700 PS-Maishäcksler wenig gemeinsam. Entscheidend sei die Frage, wie genug Energie aufs Fahrzeug gebracht werden könne: „Sonst kommt der Energietanker öfter als der Milchwagen.“ (LPD 88/2023)