Politik soll sich zur Weidehaltung bekennen – Forderungen liegen auf dem Tisch
L P D – Die Wiesen sind grün, die Sonne scheint, eine leichte Brise lässt das Gras wogen, die Rinder mittendrin … Das ist das Bild, das für einen Frühlingstag an der norddeutschen Küste typisch ist – oder vielmehr gewesen sein wird. Das befürchtet Manfred Tannen, Landvolk-Vizepräsident und Milchbauer aus Esens/Bensersiel in Ostfriesland. „Ein Wolfsrudel lebt keine 30 Kilometer von unserem Hof entfernt und hat bereits mehrere Rinder angefressen, die dann eingeschläfert werden mussten. Wir überlegen schon, wie sicher unsere Tiere auf der Weide sind, und was wir zu ihrem Schutz machen können. Und auch, wenn der Weideaustrieb noch weit entfernt zu sein scheint – die Entscheidung wird jetzt im Winter getroffen“, blickt der Landwirt besorgt voraus.
Die betroffenen Familien fühlen sich mit dem Problem trotz aller Lippenbekenntnisse seitens der Politik allein gelassen. „Man macht es sich mit der Aufforderung, Zäune zu bauen oder Herdenschutzhunde einzusetzen, viel zu einfach“, ärgert sich Tannen, der sich genauso wie seine Kollegen im Präsidium des Landesbauernverbandes für ein aktives Wolfsmanagement einsetzt – nicht erst, seit er ein Wolfsrudel quasi vor der Haustür hat. „Nach den aktuellen Rissen ist jetzt hier bei uns ein Punkt erreicht, wo viele sagen – nein, in diesem Sommer kommen unsere Tiere nicht mehr auf die Weide.“
„Es geht gar nicht darum, dass wir keine Schutzmaßnahmen ergreifen wollen. Die Maßnahmen verhindern aber nicht den Angriff von Wölfen. Und dieses Gefühl der Sorge, beim Gang zur Weide ein totes oder gar schwer verletztes Tier zu finden, ist eine hohe emotionale Belastung, die stark unterschätzt wird“, erklärt Tannen die Bedeutung für seinen Berufsstand. Das Risiko der Betroffenheit sei mittlerweile zu hoch, daran änderten auch Weideprämien nichts. Tannen fordert, dass Politik sich zur Weidehaltung bekennt und endlich entsprechende Wolf-regulierende Maßnahmen ergreift. „Der Bestand an Wölfen hat sich arterhaltend erholt, allein in Niedersachsen leben mittlerweile 44 Rudel, das muss nun anerkannt werden. Rechtskonforme Rahmenbedingungen der Regulierung gehören zügig umgesetzt. Politik muss den Zielkonflikt zwischen wachsender Wolfspopulation und Weidetierhaltung endlich lösen. Das ist möglich“, sagt Tannen. „Unsere Vorschläge und Forderungen dazu liegen seit langem auf dem Tisch.“ (LPD 06/2023)