Kaninchenfleisch hat zu Ostern Hochsaison – keine Zucht mehr in Niedersachsen

L P D – Ostern gilt als Spitzenzeit für den Verzehr von Kaninchenfleisch. Liebhaber schätzen das zarte, eiweißreiche, kalorienarme weiß-rosafarbene Fleisch. Kaninchen galten einst bei den Großeltern als Fleischquelle des kleinen Mannes, hielt doch nahezu jeder im ländlichen Raum seine Hauskaninchen im Stall – eigenes Schlachten inklusive, große Mastbetriebe gab es noch nicht. „Der Kaninchen- oder Hasenbraten heutzutage stammt größtenteils aus dem Ausland. Hohe Tierschutzauflagen haben uns Kaninchenmäster zur Aufgabe gezwungen. In Niedersachsen gibt es keine Mäster mehr, deutschlandweit sind es nur noch eine Handvoll“, erklärt Detlef Kreye aus Großenkneten gegenüber dem Landvolk-Pressedienst. Der Landwirt hat aufgrund der nicht umsetzbaren Änderungen der Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) seine Häsinnen-Zucht 2019 einstellen müssen.

Detlef Kreye war einer der wenigen Kaninchenmäster in Niedersachsen. Auf 1.100 Tiere war seine Haltung angewachsen, die er gemeinsam mit seiner Frau und den beiden Söhnen auf seinem Hof im Landkreis Oldenburg betrieb. Als konventioneller landwirtschaftlich arbeitender Betrieb gab es noch 250 Schweinemastplätze und 50 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. „Zu Ostern und Weihnachten war immer Hochsaison“, berichtet Kreye. Die Vermarktung wurde über Großschlachtereien organisiert, in den Sommermonaten wurde die Ware eingefroren. 0,45 Kilogramm Kaninchenfleisch isst der deutsche Durchschnittsbürger, 25 Millionen Tiere wurden seinerzeit pro Jahr in Deutschland geschlachtet.

Da das Kaninchen mit 2,1 Millionen Tieren gerne bei Kindern als Haustier zum Einsatz kommt, pochten Tierschutzorganisationen 2014 auf strengere Haltungsbedingungen für mehr Tierwohl. „Hobby- und Rassezüchter betraf das ebenso, wurde bei jenen in Niedersachsen aber nie umgesetzt. Für uns hatte es aber zur Folge, dass neue Ställe die doppelte Fläche haben bzw. alte Ställe den neuen Vorgaben entsprechend umgebaut werden mussten“, erklärt der 58-Jährige. Als Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Kaninchenfleisch- und -wollerzeuger warnte Kreye davor, dass die Bedingungen der TierSchNutztV bei Kaninchen nicht nur zu tierschutzrelevanten Problemen führen, sondern zudem die Produktion enorm verteuern werde. Aufgrund der Konkurrenzsituation aus dem Ausland ließen sich kaum höhere Preise durchsetzen, sodass die Aufgabe der heimischen Kaninchenfleischproduktion die Folge sei.

Trotzdem brachte Kreye sich 2015 mit zwei öffentlich geförderten Projekten in die Umsetzung der TierSchNutztV ein. „Zeigen, was geht“ – lautet der Denkansatz. Die Forschungsprojekte wurden von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt (LuFa) Oldenburg begleitet. Mit dem Ergebnis, dass die Umsetzung der aktuellen TierSchNutztV von sich aus zu tierschutzrelevanten Problemen führt und durch sie unnötiges Tierleid verursacht wird. „So etwas kommt dabei heraus, wenn wissenschaftliches und fachliches Wissen ignoriert und ideologisch geprägte Verordnungen beschlossen werden“, so Kreye.

Folglich stammen die im Supermarkt angebotenen, tiefgefrorenen Kaninchen allesamt aus dem Ausland – vorwiegend aus China, zu einem Drittel des Preises deutscher Ware. „Letzten Endes habe ich recht behalten. Vor drei Jahren hat der letzte Kaninchenmäster in Niedersachsen aufgegeben. Die Margen sind/waren beim Kaninchen so niedrig, dass man nur mit großen Tierbeständen hätte überleben können“, zeigt Kreye auf. Die Politik ändere die Tierschutzvorordnung Stück für Stück. Es sei zu erkennen, dass die Produktion von hochwertigem Fleisch in Deutschland nicht gewollt ist. „Das Kaninchen hatte einst den Anfang gemacht, die Schweine mit dem weiter ungelösten Stallumbau folgen und werden nicht das Ende sein“, sieht Kreye die Politik am Zuge, sich endlich pro Landwirtschaft und Tierproduktion aus Niedersachsen und Deutschland zu bekennen. „Nur das ist mit machbaren Tierwohl-Standards bei uns nachhaltig. Es wird Zeit, dass die Ernährungssicherung zusammen mit Klimaschutz in Art. 20a im Grundgesetz verankert wird. Sonst machen wir uns zunehmend von Importen abhängig“, fordert Kreye, der die ganze Branche in Gefahr sieht, da es in Zukunft zunehmend an zuverlässigen Lieferketten fehlen werde. (LPD 24/2024)

Silke Breustedt-Muschalla

Redakteurin

T: 0511 36704-83

E-Mail-Kontakt