Deutscher Bauerntag: Tierhaltung in Deutschland muss eine Zukunft haben

L P DDas Bekenntnis von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zur deutschen Landwirtschaft wurde wohlwollend von den Delegierten des 90. Mitgliederversammlung beim Bauerntag in Lübeck aufgenommen. Doch Aussagen zur Finanzierung von mehr Tierwohl sowie zu konkreteren Plänen bei der Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik mit all ihren aktuellen Problemfeldern im Klima- und Umweltschutz blieb er den Bauern schuldig. „Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat unsere Probleme, vor allem die, die wir aktuell in der Schweinehaltung haben, sehr wohl erkannt und auch, dass Landwirte Lösungen und keine weiteren Problembeschreibungen brauchen. Was mir aber noch fehlt, ist die Geschwindigkeit. Es muss einfach schneller gehen, denn unsere Schweine- und Sauenhalter können nicht länger warten. Wir brauchen eine sichere Herkunftskennzeichnung und ein Bekenntnis des Handels, der Verarbeiter, aber auch der Politik zur deutschen Schweinehaltung – und zwar jetzt“, zieht Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies sein Fazit zu Özdemirs Rede. Hennies wurde auf dem Bauerntag mit 89,28 Prozent der Stimmen zum Vize-Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes gewählt.

„Tierhaltung muss eine Zukunft haben, und die Rahmen müssen so gesetzt sein, dass sie eine Zukunft hat“, forderte Bauernpräsident Joachim Rukwied in seiner Grundsatzrede schon zu Beginn des Bauerntags in der Musik- und Kongresshalle Lübeck. Die Bauern seien zu mehr Tierwohl bereit, doch der einen Milliarde Anschubfinanzierung müssen weitere folgen. Sonst könne der Umbauprozess nicht fortgesetzt werden. Haltungs- und Herkunftskennzeichnung müssen sowohl Frischfleisch als auch für Gastronomie und verarbeitete Produkte gelten. Sollte bis Ende des Jahres seitens der EU kein Vorschlag erfolgen, so sei Deutschland in der Pflicht die Herkunftskennzeichnung voranzubringen, zeigt Rukwied auf. Ein Anspruch, den Özdemir in seiner Rede untermauerte.

Die deutschen Bauern können mehr als nur Lebensmittel zu erzeugen. Sie machen Umwelt- und Klimaschutz, sorgen für Artenvielfalt und Energie. Trotz aller Schwierigkeiten glauben viele von ihnen an die Landwirtschaft und wollen diese und den aktuellen Wandel als „Zukunftsbauern“ mitgestalten, Lösungen erarbeiten sowie gemeinsam mit der Gesellschaft Verantwortung übernehmen. „Die jungen Nachfolger auf den Höfen wollen Gestalter der Zukunft sein. Sie wollen raus aus der Opferrolle“, erklärte Werner Schwarz bei der Vorstellung der Arbeitsgruppe Zukunftsbauern am zweiten Tag des Deutschen Bauerntages in Lübeck. Die AG will ein Bild der deutschen Landwirtschaft entwerfen, das sie wieder stärker in die Mitte der Gesellschaft rückt und zugleich den Bäuerinnen und Bauern eine wirtschaftliche Perspektive bietet.

Mit einer Satzungsänderung machten die Delegierten bei diesem Bauerntag den Weg für eine Vize-Präsidentin frei. Diese Änderung gibt dem Vorstand die Möglichkeit, jeweils für die laufende Wahlperiode eine weitere voll stimm- und vertretungsberechtigte Vizepräsidentin zu kooptieren. Die Vorsitzende des neu eingerichteten DBV-Fachausschusses „Unternehmerinnen“, Susanne Schulze Bockeloh, soll demnach nach der Eintragung der Satzungsänderung erste Vize-Präsidentin des Deutschen Bauernverbandes werden. Als Ausbildungsbetrieb des Jahres 2022 wurde die Klose-Köhler KG aus Trittau geehrt. Friedrich Klose bildet seit 35 Jahren aus und hat bereits 61 Auszubildende erfolgreich in den Beruf gebracht. In der Gesprächsrunde mit Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir machte Klose deutlich, dass es in der Ausbildung zum Landwirt darum gehe, bei den Azubis die Aufgeschlossenheit für Neues, Eigenverantwortung und Mut bei der Bewältigung der Zukunftsherausforderungen zu fördern. Um eine gute Ausbildung zu erhalten, sollten die Berufs- und Fachschulen mehr gefördert werden, damit sie neuen Kompetenzen gerecht werden können. Darauf verwies die Auszubildende im 2. Lehrjahr, Lina Machnik, den Bundeslandwirtschaftsminister. „Wir sind die Zukunftsbauern. Sie wollen, dass wir die Landwirtschaft später wettbewerbsfähig machen, erhalten und, dass wir die Landwirtschaft in Deutschland voranbringen. Deshalb müssen Sie, stellvertretend für die Politik, sich auch ein bisschen bewegen“, forderte Lina Machnik und erhielt von den Bauern für ihre klaren Worte viel Beifall. (LPD 45/2022)

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