Frank Meyer hat ein Herz für die genügsame Rasse und trägt zu deren Erhalt bei
L P D – Als „Kühe mit Charakter“ werden gerne die Tiere der Rasse „Rotes Höhenvieh“ bezeichnet. 1984 gab es deutschlandweit nur noch 40 Kühe dieser Rasse und 60 Samenspenden vom Rotvieh-Bullen Uwe R 12. Engagierte Züchter schlossen sich deshalb zusammen, um dieses ruhige und genügsame Rotvieh zu retten – mit Erfolg. „Aktuell gibt es 1.400 Tiere, sodass sie noch als vom Aussterben bedrohte Rasse gelten. Hier liegt die Grenze bei 2.500 Tieren“, erklärt Frank Meyer, der in Silberborn im Solling mit seiner kleinen Zuchtherde seit 2004 zum Erhalt dieser alten Rasse des Dreinutzungsrind beiträgt.
Die kargen Wiesen des Hochsollings genügen den Rindern, die das gesamte Jahr dort verbringen, als Futterquelle. Auf 12 Hektar (ha) Weidefläche grasen aktuell zehn Muttertiere plus Nachzucht, weitere 20 ha stehen als Futtergrundlage zur Verfügung. „Bis 2006 stand auf zwei Drittel der Fläche noch Fichtenwald. Nach dem Sturm Kyrill entschloss man sich dem ,Weideprojekt Heckrinder und Weidetierhaltung‘ anzuschließen, da bin ich gerne mit eingestiegen, habe einige Flächen gekauft und weitere gepachtet, um durch extensive Weidetierhaltung für mehr Artenvielfalt zu sorgen“, erklärt der 60-jährige Bankbetriebswirt, der als Fleischersohn den familiären Nebenerwerbslandwirtschaftsbetrieb unbedingt weiterführen wollte, ihn seinen Vorstellungen entsprechend anpasste und sich 2004 mit dem Kauf seiner ersten Kuh für die ganzjährige Haltung mit Rotem Höhenvieh entschloss.
Genügsamkeit, Widerstandsfähigkeit, Leichtkalbigkeit und die ausreichende Milchleistung zur Aufzucht der Kälber überzeugten und faszinieren Meyer. Sie sind ideale Voraussetzung, um Naturschutzprojekte zur Steigerung der Artenvielfalt zu begleiten, weshalb das Rote Höhenvieh im Solling vorrangig zur Landschaftspflege eingesetzt wird. Er baute für die ganzjährige Weidehaltung den Rindern einen Weideschuppen, investierte in eine frostfreie Tränke, die im harten Sollingwinter den rot-braunen Kühen bis Minus 21 Grad die Wasserversorgung garantiert. „Statt der vorgeschriebenen 1,4 Großvieheinheiten pro Hektar (GV/ha) komme ich mit meiner Herde auf 0,35 GV/ha, kann diese alle fünf bis acht Tage umtreiben, damit sich die Weideflächen wieder erholen. Somit ist eine ausreichende Versorgung gewährleistet, und die durchschnittliche Gewichtszunahme der Tiere liegt zwischen 1100 und 1300 Gramm pro Tag. Eine schwarzbunte Kuh würde hier nicht satt werden und auch keine Leistung bringen“, beschreibt Meyer die Vorzüge des Roten Höhenviehs, wo die Kuh bis zu 750 Kilogramm (kg) und der Bulle bis 900 kg schwer wird. „Wir müssen mit dem auskommen, was wir haben – auch in Trockenjahren. Im Winter kommen noch 110 Ballen Heu ergänzend zum Futter hinzu.“
Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft ist für Frank Meyer ein wesentliches Ziel. Neben der Landschaftspflege durch sein Höhenvieh gehört im letzten Schritt auch die Vermarktung des Fleisches seiner Tiere dazu. „Sich und der Natur mehr Zeit geben, dann funktioniert das. Das Fleisch ist so feinfaserig, zart und hochwertig, dass es qualitativ gleich hinter dem Wagyu-Rind kommt“, ist Meyer überzeugt.
Nach zweieinhalb bis drei Jahren lässt er seine Rinder je nach Anfrage im Frühjahr und Herbst im nahegelegenen Schlachthof Holzminden schlachten, verarbeitet es gemeinsam mit zwei Fleischern in seinem kleinen Zerlegebetrieb und vermarktet die Fleischpakete anschließend auch mit Hilfe des Internets. Seine Kunden kommen weniger aus der Region, sondern eher aus dem städtischen Umfeld, wie Hannover. „Mit slow food haben wir zudem einen Partner gefunden, der diese vom Aussterben bedrohte Rasse besonders würdigt. Hier wird der Leitgedanke „Iss, was du retten willst“ verfolgt. Nachhaltigkeit hat immer was mit der eigenen Nachhaltigkeit zu tun“, zeigt Meyer seinen ganzheitlichen Anspruch von der Züchtung, über Aufzucht bis hin zum Endprodukt auf. Gemeinsam mit seinen Züchterkollegen der Bundesarbeitsgemeinschaft Rotes Höhenvieh wird er sich weiter für die Arterhaltung dieser besonderen Rasse im Solling, Harz und weiteren Höhenzügen einsetzen und freut sich, dass auch sein Sohn Interesse zeigt, diesen Weg weiterzugehen.
Weitere Infos unter https://www.rotes-hoehenvieh-im-hochsolling.de/start.html
(LPD 35/2024)