Heimische Landwirte haben es schwer, mit billigeren Importen mitzuhalten
L P D – Die Sonne hat den Kirschbäumen gutgetan, ihre Früchte haben viel Zucker eingelagert und sind daher in diesem Sommer besonders süß und saftig. „Die ersten frühen Sorten machen Lust auf mehr“, sagt Claus Schliecker, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau im Landvolk Niedersachsen. Je später es werde, desto größer und fester seien die Kirschen. „Es lohnt sich aber schon jetzt, in den leckeren Genuss einzusteigen“, wirbt Schliecker für die knackig-frischen Leckereien, deren Saison gerade begonnen hat.
Der Obstbauer geht sehr optimistisch und positiv in die diesjährige Ernte. „Das Alte Land hat als gewässerreiches Gebiet einen Standortvorteil“, sagt Schliecker. Im Sommer nutzt er die Anlagen zur Frostschutzberegnung für die Bewässerung der Bäume. Wegen der hohen Abstandsauflagen zu Gräben muss er jedoch auch mit den Nachteilen beim Pflanzenschutz zurechtkommen. Der Fachmann hofft, dass die Verbraucher diesen hohen Aufwand wertschätzen und bei ihrem Einkauf bevorzugt heimische Früchte in den Korb legen.
„Mit den günstigen Importen aus dem mediterranen Raum können wir mit unseren hohen Qualitätsstandards preistechnisch nicht mithalten“, erläutert er. Allein der Mindestlohn, die Umweltauflagen und die gestiegenen Preise für Betriebsmittel summieren sich zu höheren Kosten als der Verkaufspreis, für den die Importe im Laden liegen.
Nichtsdestotrotz scheuen die Obstbauern keine Kosten und Mühen, um ihre Früchte mit Überdachungen und Netzen vor Regentropfen sowie Vögeln, Kirschessigfliegen und Kirschfruchtfliegen zu schützen. „Ernstzunehmender Kirschenanbau ist nur mit Dach verlässlich“, berichtet Schliecker aus der Praxis. Und ein verlässlicher Handelspartner wollen die Bauern auf jeden Fall sein. Dafür überdachen sie etwa 70 bis 80 Prozent ihrer Bäume für rund sechs Wochen und rollen die Dächer danach wieder ein.
„Die Bauern haben dazu gelernt“; bestätigt Martin Kockerols, Spezialberater für Steinobst des Obstbauversuchsrings in Jork. Neben einem ausgeklügelten Abwehrsystem gegen Schädlinge gehören auch neue Sorten dazu. Durch eine Züchtung aus den beiden Hauptsorten Kordia und Regina ist in Ahrensburg der Kirschbaum Areko entstanden. „Das ist ein gesunder Baum mit großen Früchten, dessen Blüten widerstandsfähiger gegen Frost sind“, erläutert Kockerols. Insgesamt beobachtet er jedoch eine Stagnation bei der Anbaufläche, die in Niedersachsen bei etwa 500 Hektar liegt.
Er erwartet eine durchschnittliche Ernte. Die Trockenheit der vergangenen Jahre ziehe die Bäume zwar in Mitleidenschaft – die schweren Marschböden zehren jedoch noch von den ergiebigen Frühjahrsregenfällen. Wasser ist wichtig, sonst bekommen die Bäume Stress.
In mehreren Durchgängen werden jeweils nur die reifen Kirschen per Hand gepflückt. „Wir legen Wert darauf, dass das Pflücken immer mit Stengel erfolgt, da sonst eine Wunde an der Kirsche entsteht und diese schneller verdirbt. Früher mussten wir unsere Kirschen sehr aufwendig und vor allem laut mit Rasseln und Kanonen vor den Vögeln bewachen, die von den süßen roten Früchten ebenso angetan sind wie wir. Heute schützen wir unsere Kirschen häufig mit Foliendächern, die nicht nur Schutz vor Vögeln, sondern auch vor Regen bieten“, sagt Schliecker. Übrigens: die sogenannte „Knubberkirsche“ ist gar keine Sorte, wie vielfach vermutet, es handelt sich hierbei lediglich um eine Bezeichnung für die besonders prallen, saftigen und dunklen Kirschen, die besonders viel Fruchtfleisch besitzen. (LPD 47/2023)