Holtorfsloh (ccp). Die frühe Getreideernte ist selten die Beste. Meistens weist der zeitige Erntestart darauf hin, dass Trockenheit die Abreife stark vorangetrieben hat und die Körner nicht bauchig rund, sondern klein und schmächtig geblieben sind. „Schmachtkorn“ nennt Kreislandwirt Martin Peters das und beim Vorerntegespräch von Landwirtschaftskammer und Landvolk Mitte Juni sieht es ganz danach aus, als würde es in diesem Jahr genauso kommen. Wo Wintergerste auf sandigen Standorten herangewachsen ist und keine Feldberegnung zum Einsatz kam, da steht die Ernte kurz bevor und die Ertragsaussichten sind trübe.
Dabei hatte es so gut angefangen. Wie Wilhelm Neven, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbandes, gegenüber der örtlichen Presse ausführte, herrschten gute bis sehr gute Aussaatbedingungen für Wintergetreide und Winterraps im Herbst – der Winter brachte kaum Schädigungen und bis ins Frühjahr hinein füllten ergiebige Niederschläge den Bodenvorrat mit Wasser. Viele Wochen konnten die Pflanzen davon zehren, aber je nach Bodengüte zeigten sich allmählich die unvermeidlichen Trockenschäden. „Sieben Wochen ohne nennenswerte Niederschläge lassen ihre Spuren zurück“, so Neven. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch allerbestes Heuwetter, sodass eine qualitativ und quantitativ hochwertige Ernte eingefahren werden konnten. Auch die Futterbaubetriebe blicken auf einen erfolgreichen ersten und zweiten Schnitt ihrer Grünlandflächen zurück. Der dritte Schnitt stagniert.
Noch alles offen ist bei der Hackfruchternte, zu der Rüben, Kartoffeln und Mais zählen. Vieles hängt am weiteren Verlauf der Witterung. Dabei ist der Vegetationsstand aktuell noch recht gut. Gleichwohl steht hier die Ertragsbildung erst am Anfang, so dass Prognosen schwierig bleiben.
Auf den Äckern laufen seit Wochen die Beregnungsmaschinen. Das Getreide ist durch, jetzt kommen die Kartoffeln, die Rüben und wenn nötig der Mais.
Über die Anbauverteilung der Feldfrüchte im Kreis Harburg kann die Landwirtschaftskammer detaillierte Angaben machen. Kreislandwirt Martin Peters als ehrenamtlicher Repräsentant der Kammer-Aussenstelle im Kreis Harburg stellte anlässlich des Pressegesprächs in Holtorfsloh die Daten vor. Danach werden etwa 55.000 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche in der Agrarstatistik ausgewiesen. Diese Zahl geht jedes Jahr durch Bebauung, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zurück, sodass die landwirtschaftliche Nutzfläche kontinuierlich schrumpft.
Die Nutzfläche besteht zu etwa zwei Dritteln aus Ackerland (36.500 Hektar) und einem Drittel aus Grünland (18.500 Hektar). Auf dem Acker werden unverändert 9400 Hektar mit Getreide und 9800 Hektar (Vorjahr: 10.600 ha) mit Mais (Silo- und Körnermais) bestellt. Raps wächst auf 1600 Hektar (Vorjahr: 2000 ha). Weiterhin gibt es 4.100 Hektar mit Hackfrüchten (1.200 ha Zuckerrüben, 2900 ha Kartoffeln) sowie 4.600 Hektar Sonderkulturen. Die Restackerfläche (2.000 ha) besteht mehrheitlich aus Brach- und Blühflächen (1.200 ha Blühfläche u. 800 ha Brache).
Damit hat sich der Anbau auf dem Acker im Vergleich zum Vorjahr nicht wesentlich verändert. Im Getreideanbau gibt es weiterhin eine starke Präferenz zum Wintergetreide. Der Maisanbau hat sich auf hohem Niveau stabilisiert. Die Zuckerrübe stagniert. Demgegenüber steht ein Zuwachs bei den Sonderkulturen und Kontinuität beim Kartoffelanbau. Aufgrund der guten Erlösaussichten ist die Rapsanbaufläche inzwischen wieder deutlich ausgedehnt worden. Hieraus könnte sich zumindest mittelfristig ein Trend ableiten lassen.
Einen kurzen Überblick gaben Kammer und Landvolk zur Preisentwicklung in der Landwirtschaft. Trockene bis sehr trockene Witterungsbedingungen in Europa und in den USA sorgen für eine feste Tendenz bei den Raps- und Getreidepreisen. Momentan bekommt man für eine Tonne Raps 450 Euro (vor einem Jahr ca. 700 Euro) und für eine Tonne Brotweizen 230 Euro (vor einem Jahr 400 Euro). Mittlerweile ist man wieder auf einem Niveau angekommen, das vor Beginn des Ukrainekriegs herrschte.
Wie es weiter hieß, liegt der Milchpreis bei 37 Cent pro Liter, nachdem Anfang Januar noch 59 Cent pro Liter gezahlt wurden. Der Schweinepreis befindet sich nach einer Phase der drastischen Mengenabstockung auf einem Allzeithoch von 2,44 Euro je Kilo Schlachtgewicht.
Knut Oertzen, auf dessen Hof in Holtorfsloh das Pressegespräch stattfand, kann von den guten Schweinepreisen derzeit profitieren. Er unterhält 1.200 Mastplätze und verkauft jährlich etwa 3.500 Mastschweine. Sein Bericht stimmt nachdenklich: „Meine Heimatgemeinde zählt etwa 40.000 Einwohner, gewichtet mit dem Durchschnittsverzehr wird hier jedes Jahr Fleisch und Wurst von 10.000 Schweinen nachgefragt – aber ich habe den Eindruck, mich ständig für meine Tierhaltung rechtfertigen zu müssen.“ Oertzen (49) geht davon aus, noch in seiner Betriebsleitergeneration für den Hof ein alternatives Standbein schaffen zu müssen.
Derzeit betreibt er Ackerbau auf 243 Hektar und ist mit 51 Prozent an einer Biogasanlage beteiligt. Durch die Nachbarschaft zum Gemüsebaubetrieb Behr und zum Versuchsfeld Holtorfsloh wird ein intensiver Flächentausch betrieben. Bekannt ist Knut Oertzen für seine langjährige erfolgreiche Ausbildung von jungen Landwirten.
Bild: Kreislandwirt Marin Peters (v.l.), Auszubildender Niklas Hauss, Betriebsleiter Knut Oertzen und Landvolk-Vorsitzender Wilhelm Neven Foto: Pohlschröder