Russische Aggression und Klimawandel erfordern neue Sichtweise auf das Thema Versorgungssicherheit

L P D – „Auf unseren Höfen und in unseren Familien bewegt uns zutiefst wie in der Bevölkerung der Überfall Russlands auf die Ukraine“, sagt Dr. Holger Hennies, Präsident des Landesbauernverbands zur aktuellen Situation in der niedersächsischen Landwirtschaft. „Uns erreichen nicht nur zahlreiche Solidaritätsbekundungen und intensive Überlegungen zu Hilfsangeboten, sondern auch viele Fragen über die noch zu erwartenden Konsequenzen für die Agrarmärkte durch den Krieg. Wir unterstützen vorbehaltlos die weltweiten Sanktionen gegen die russischen Angreifer. Als zentrale Frage steht aber auch völlig unerwartet wieder die Sorge um eine ausreichende Versorgungssicherheit mit bezahlbaren Lebensmitteln im Raum“, bewertet Hennies eine der politischen Folgen der Eskalation der Entwicklungen.

Nach Einschätzung des Landvolks Niedersachsen muss nicht nur wegen des sich abzeichnenden lang andauernden Konflikts mit Russland über eine Neujustierung in der Agrar- und Umweltpolitik diskutiert werden. Auch die drohenden Auswirkungen der Erderwärmung, die sich trotz aller Anstrengungen zum Klimaschutz unausweichlich noch über Jahrzehnte fortsetzen wird, erfordern nach Auffassung des Landesbauernverbandes eine neue Bewertung der Nahrungsmittelerzeugung in klimatisch begünstigten Regionen wie Mitteleuropa. „Wir werden uns an dieser Diskussion konstruktiv beteiligen, und wir stellen bereits erste Berechnungen an, mit welchen Maßnahmen wir die Erzeugung unserer Betriebe an unserem Gunststandort in Niedersachsen erhöhen könnten. Durch etliche vom Gesetzgeber in den zurück liegenden Jahren getroffene Anbaurestriktionen ist bei unveränderten Rahmenbedingungen auch bei normalen Witterungsverläufen leider eine Getreideproduktion von nicht deutlich mehr als sechs Millionen Tonnen in 2022 zu erwarten“, rechnet Hennies vor. Allerdings setze das „bezahlbare“ Düngemittel voraus, was angesichts der aktuellen Krise kurzfristig keinesfalls sicher sei.

„Wenn die Politik einschränkende Vorgaben, die insbesondere vom Umwelt- und Naturschutz eingefordert wurden, mindestens teilweise aufheben würde, wäre eine Steigerung um zehn Prozent bereits kurzfristig noch in diesem Jahr möglich“, prognostiziert Hennies. Mittelfristig müssten aber vor allem die bis 2030 vorgesehenen weiteren Maßnahmen, die insbesondere von der EU im Paket des „Green Deal“ vorgeschlagen worden sind oder bereits bei der Agrarförderung ab 2023 beschlossen wären, unverzüglich auf den Prüfstand.

Als Sofortmaßnahme zur Kompensation einer in der Ukraine möglicherweise ausfallenden Getreide- und Körnermaiserzeugung schlägt der Landvolkpräsident vor, die aktuellen und zukünftigen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Ackerbrachen auszusetzen, die an EU-Beihilfen für landwirtschaftliche Betriebe geknüpft sind. Darüber hinaus sollte die für 640.000 Hektar Acker in Niedersachsen bestehende Pflicht zur Reduzierung der Stickstoffdüngung unterhalb des tatsächlichen Pflanzenbedarfs aufgehoben werden. Außerdem kann unbürokratisch eine befristete höhere Wasserentnahme für die Feldberegnung zugelassen werden.

Abschließend stellt Hennies fest: „In der akuten Krise darf es keine Tabus geben. Die Herausforderungen des Klimawandels, der Biodiversitätserhaltung und des Gewässerschutzes bleiben trotz allem bestehen, aber wir müssen sie zukünftig viel effizienter lösen. Wir brauchen keine pauschale Extensivierung, sondern eine nachhaltige Intensivierung, um gleichzeitig die Versorgungssicherheit sicher zu stellen.“

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