Bestände sinken: 70-Jahres-Tief – Weiter hohe Kosten für Betriebsmittel

L P D – „Der Rohstoff Rindfleisch ist knapp. Deswegen haben wir im Vergleich zu anderen Fleischarten ein relativ hohes Niveau bei den Erzeugerpreisen und eine sehr hohe Wettbewerbsintensität.“ So beschrieb Dr. Albert Hortmann-Scholten, Fachbereichsleiter bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, jetzt vor dem Rindfleischausschuss des Landvolks Niedersachsen die aktuelle Lage für die Tierhalter und Bullenmäster. Bei einem Ortstermin bei der Vermarktungsgemeinschaft Aller-Weser-Hunte in Walsrode machte der Marktexperte den Landwirten Mut: „Die Nachfrage nach Rindfleisch bleibt stabil, das Jahr wird trotz erwartbarer Unwägbarkeiten nicht so schlecht wie mancher befürchtet hat.“

Die Unwägbarkeiten resultieren vor allem aus dem sinkenden Bestand: Es gibt so wenige Rinder in Deutschland und in der EU wie seit 70 Jahren nicht. Hierzulande wurden aktuell nur noch elf Millionen Kühe und Bullen gezählt – 2004 waren es noch 13 Millionen, 1990 sogar fast 20 Millionen. Druck auf den Markt entsteht auch, weil nach der Corona-Pandemie nun wieder Einfuhren aus Südamerika möglich sind. Zugleich steigt die Nachfrage nach Rindfleisch in Asien, da dort aufgrund der Afrikanischen Schweinepest (ASP) der Verzehr von Schweinefleisch weniger geworden ist. Hackfleischgerichte auf Rindfleischbasis werden immer beliebter, stellt Hortmann-Scholten einen mehrjährigen Trend fest. Negativ wirkten sich weiter schwache Konsumklima und die anhaltende Inflation auf den Markt aus. „Die Diskussionen um das Klima sowie um Milch- und Fleischersatzprodukte bremsen die Investitionsbereitschaft“, so der Experte. Halter investieren nicht wegen fraglicher Auflagen und noch unklaren möglichen Tierschutz-Vorgaben.

Teuer bleiben die Betriebsmittel: Mischfutter sowie Heu, Stroh und Wirtschaftsdünger sind im Vergleich zu 2020 immer noch hochpreisig im Einkauf, aber nicht so exorbitant wie vor Jahresfrist, kurz nach Ausbruch des Ukraine-Krieges. Der Konflikt habe, so Hortmann-Scholten, keine so unmittelbaren Auswirkungen mehr auf das Markgeschehen für Tierhalter und Mäster, aber er erwarte trotz derzeit fallender Kurse demnächst wieder einen deutlichen Preistrend nach oben für Weizen. Die daraus folgenden Kosten für Rindermastfutter steigen und fallen aber nicht so schnell wie beim Schweinefutter.

Dass sich der Absatz von Jungbullenfleisch aus der Initiative Tierwohl (ITW) schwierig gestalte, berichtete der Vorsitzende des Fachausschusses, Martin Lüking. Grund: „Derzeit steht kaum Kuhfleisch der Haltungsform Stufe 2 zu Verfügung, weil die Teilnahme an der Maßnahme QM + respektive QM ++ für viele Milcherzeuger aufgrund des geringen Zuschlages bei der Milch nicht genug Fahrt aufnimmt.“ Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) setze jedoch auf ein breites Sortiment. Lüking: „Viele Bullenmäster, die als ITW-Betrieb auditiert sind, überlegen gerade, aus der Initiative wieder auszusteigen. Am Ende wird der Markt entscheiden, wie viele Betriebe sich an der ITW beteiligen.“ Die Bullenmäster bräuchten in diesem Jahr ein deutliches Signal, dass die „ITW Rind“ an den Start geht. Aktuell hat die ITW die Bestandschecks für die Rindermastbetriebe bis zum 31. Dezember ausgesetzt. (LPD 33/2023)

Sonja Markgraf

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