Niedrigere CO2-Bilanz sowie höhere Umwelt- und Sozialstandards als Importe

L P D – Erst vor etwa sechs Wochen wurde die letzte niedersächsische Zuckerrübe verarbeitet, nun steht bereits die Aussaat für die kommende Ernte an. „Es ist immer wieder erstaunlich, wie aus einem winzigen Samenkorn eine stattliche Rübe heranwächst“, beschreibt Landvolk-Vizepräsident Ulrich Löhr die Entwicklung auf den rund 100.000 Hektar Zuckerrübenanbaufläche in Niedersachsen. Noch beeindruckender ist die Verwandlung der schnöden Wurzel aus der Erde zu den weißen Kristallen, die dem Verbraucher das Leben versüßen. „Die stabile Versorgungssicherheit mit Zucker aus heimischem Anbau ist unglaublich wertvoll“, stellt Löhr fest.

In der chemischen Zusammensetzung gibt es zwischen Rübenzucker und Rohrzucker keinen Unterschied, denn sie bestehen beide zu 100 Prozent aus Saccharose. „Der Hauptunterschied ist, dass Rohrzucker einmal um die halbe Welt gefahren wurde“, verdeutlicht Löhr. Er ist froh, Zucker aus Niedersachsen mit gutem Gewissen genießen zu können. Dafür rutscht der Landwirt aus dem Landkreis Wolfenbüttel gerne auf den Knien über den Acker, um nach seinen Schützlingen zu sehen. Denn so robust, wie die Pflanzen im Sommer Hitze und Trockenheit überstehen, so empfindlich sind sie in der ersten Phase nach der Keimung gegen Frost. „Das sind echte Mimosen, die bei mir Familienanschluss bekommen“, beschreibt Löhr die intensive Betreuung, die die Zuckerrüben am Anfang benötigen.

Neben der Nachhaltigkeit im Anbau punktet die heimische Zuckerrübe mit kurzen Transportwegen sowie den hohen Umwelt- und Sozialstandards in Deutschland. „Wir wünschen uns allerdings mehr Flexibilität von der Landesregierung, um die Rübe in Niedersachsen attraktiv zu halten“, sagt Eckhard Hinrichs, Vorsitzender des Dachverbandes Norddeutscher Zuckerrübenanbauer (DNZ). Als Beispiel nennt der Landwirt aus dem Landkreis Uelzen die geplante verpflichtende Winterbegrünung bzw. ein weitreichendes Bearbeitungsverbot nach Aberntung der Vorfrüchte. „Es besteht dringender Handlungsbedarf für den Rübenanbau“, sagt Hinrichs. Er befürchtet, dass derartige Vorschriften den von der Politik geforderten guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zuständen schaden könnten.

„Chemischen Pflanzenschutz einzusparen und gleichzeitig auf mechanische Bodenbearbeitung zu verzichten ist kontraproduktiv“, erläutert Hinrichs. Der Landwirt müsse nach guter fachlicher Praxis individuell für seinen Standort entscheiden können, wann und wie er welche Maßnahmen durchführt. Dies sieht auch Ulrich Löhr so. „Um die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln zu sichern, brauchen wir auf unseren Äckern hohe Erträge. Nur dann können wir Teilflächen für ökologische Zwecke aus der Produktion nehmen und damit Ökonomie und Ökologie in Einklang bringen.“ (LPd 21/2022)

Ansprechpartnerin für diesen Artikel

Wiebke Molsen

Redakteurin

Tel.: 0511 36704-30

E-Mail-Kontakt