Wachsender Öko-Markt schwächelt in Krisenzeiten / Bio ist kein Massenprodukt

L P D – Nicht nur konventionelle Landwirte benötigen Sicherheit, auch Öko-Landwirte durchleben aktuell eine Durststrecke. Jeder 14. Hof in Niedersachsen ist ein Biobetrieb, insgesamt sind es 2.453 Betriebe im Jahr 2021 – 200 Höfe mehr als im Jahr zuvor und insgesamt ein Anteil von 7,2 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe. Das geht aus den Zahlen der Marktdaten 2022 des Kompetenzzentrums Ökolandbau Niedersachsen (KÖN) hervor. Doch 2021 gab es zum Glück noch keinen Ukraine-Krieg, der alle Märkte durcheinanderwirbelte, mit der Folge, dass Rohstoff- und Energiekosten explodierten. Preissteigerungen in allen Bereichen sind die Folge – und gerade bei den Lebensmitteln wird zuerst gespart. „Die Bio-Branche spürt die Kaufzurückhaltung momentan enorm. Doch der Ökolandbau hat die Antworten auf die Fragen der Zukunft“, ist sich Carsten Bauck, Vorsitzender des gleichnamigen Ausschusses im Landvolk Niedersachsen, sicher.

Das sei auch an den Zahlen der Umstellungswilligen zu erkennen. Allein in Niedersachsen waren es 200 Betriebe, was ein Plus zum Vorjahr von fast neun Prozent ausmacht. Bundesweit waren es 2021 nur 2,6 Prozent. „Aber Niedersachsen hat auch noch ordentlich Nachholbedarf, denn während bundesweit 14 Prozent der Betriebe ökozertifiziert sind, sind es bei uns in Niedersachsen gut sieben Prozent“, zeigt Carsten Bauck auf.

Die Ökofläche ist in Niedersachsen um 5.330 Hektar (ha) gewachsen, ein Plus von knapp vier Prozent, und liegt 2021 bei gut 143.000 ha. „Das ist das schwächste Wachstum seit 2015 und zeigt, dass viele bürokratische Hürden, wie Genehmigungen, bei der Umstellung überwunden werden müssen“, erklärt Bauck. Niedersachsen hat somit einen Öko-Anteil von 5,6 Prozent an der gesamten Landwirtschaftlichen Nutzfläche von fast 2.570.000 ha. „Weit entfernt von der von der Politik geforderten und absolut unrealistischen Wunschvorstellung 30 Prozent Ökolandbau bis 2030. Der Biobauer sucht sich seine Märkte selbst – und wartet nicht auf Vorgaben durch den Staat. Viele Politiker, aber leider auch einige „neue“ Biobauern, haben die Denke der Biolandwirtschaft nicht verstanden. Wir brauchen keine Masse und keinen Weltmarkt, sondern bauen nur das an, was wir in der Region verkaufen und verbrauchen können. Alles andere ist Verschwendung kostbarer Ressourcen“, zeigt Carsten Bauck das Urverständnis von Bio auf. Dieser Grundgedanke müsse in die Köpfe der „Bio-Neukunden“. „Echte Bios sind bereit, mehr für Lebensmittel und den Ursprung ihrer Herstellung auszugeben, denn sie wissen, dass Bio-Ware kein Massenprodukt ist.“

Bauck freut sich über jeden umstellungswilligen Landwirt, befürchtet aber, dass über die Masse an Biolebensmitteln – auch aus dem Ausland – und den Vertriebswegen über die Discounter statt beim Biobauern oder auf dem Markt, die Preise kaputt gemacht werden. „Überall, wo hohe Erträge erwirtschaftet wurden, gingen die Preise für uns Erzeuger runter. Biobauern können Mehrkosten für Lagerung, Futter oder Energie nicht in vollem Umfang weitergeben“, berichtet Bauck. Mit dem Ukrainekrieg habe die Nachfrage extrem nachgelassen. „Ich bin davon überzeugt, wenn Krieg und Energiekrise überwunden sind, nimmt die Bio-Branche wieder Fahrt auf. Deshalb müssen Landwirte, die ihren Betrieb von konventionell auf ‚bio‘ umstellen wollen, azyklisch handeln und sich jetzt Gedanken und Pläne machen. Ökolandbau besitzt die Antworten für eine zukunftsfähige und nachhaltige Landwirtschaft, denn echte Ökobauern leben diese Grundidee aus Überzeugung“, erklärt der Landwirt abschließend. (LPD 80/2022)

Ansprechpartnerin für diesen Artikel

Silke Breustedt-Muschalla

Redakteurin

Tel.: 0511 36704-83

E-Mail-Kontakt