Hennies zum GAP-Kompromiss: Minister Rainer muss nun auch liefern
L P D – Die Brüsseler Einigung zur GAP-„Vereinfachung“ sorgt beim Landvolk Niedersachsen für verhaltene Reaktionen. „Zwar erkennt die EU-Kommission nach Jahren wachsender Auflagen inzwischen selbst, dass die Politik ein viel zu kleinteiliges Bürokratiekonstrukt aufgebaut hat, der nun erzielte Kompromiss betrifft allerdings vor allem sehr kleine Betriebe oder Biobetriebe, die durch Ausnahmeregelungen von bestimmten Auflagen befreit werden – und nicht die breite Masse der Vollerwerbsbetriebe. Ein echter Durchbruch, der spürbar Bürokratie abbaut, ist das nicht. Das Parlament wollte mit der Streichung von GLÖZ 5 und GLÖZ 9 mehr, konnte sich aber offensichtlich nicht durchsetzen“, bewertet Landvolkpräsident Holger Hennies den Kompromiss aus Brüssel.
Als positiven Aspekt beurteilt Hennies die Möglichkeit, dass Mitgliedstaaten eine Stichtagsregelung im Grünland einführen können, wodurch das widersinnige, fünfjährige Umpflügen von Flächen, die zur Erzeugung von Grünfutter genutzt werden, ein Ende haben könnte – wenn sie denn durch Deutschland umgesetzt werde.
Seit Beginn der laufenden Förderperiode mussten landwirtschaftliche Betriebe sich bisher jedes Jahr auf Veränderungen einstellen. Eine Entwicklung, die zu Frust und auch zu einem steigenden Risiko Fehler zu machen führt. Vor diesem Hintergrund macht Hennies deutlich, dass mit Blick auf die kurze Restlaufzeit der Förderperiode für viele Betriebe keine wirkliche Vereinfachung zu erwarten sei. „Das grundsätzliche Konstrukt der Konditionalität als erweitertes Ordnungsrecht, das auf Kontrollen und Misstrauen gegenüber Landwirten basiert, bleibt erhalten“, führt der Landvolkpräsident aus.
Als Beispiel nennt er das Dauergrünland, wo eineder geplanten Änderung den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand 1 (GLÖZ 1) betrifft: Sofern Deutschland keine Stichtagsregelung einführt, werden Flächen künftig erst nach sieben statt fünf Jahren zu Dauergrünland. Für die Praxis bedeutet das keine Entschärfung der grundsätzlichen Komplexität. „Wer Grünland unnötig umbrechen muss, nur weil ein Fristmechanismus tickt, arbeitet nicht nachhaltig, sondern nur regelkonform“, erklärt Hennies. Er verweist auch auf die weiter bestehenbleibenden Bindungen zur Genehmigung von Grünlandnarbenerneuerungen, insbesondere in Verbindung mit GLÖZ 2 und 9, die den Bereich kleinteilig regulieren. Zudem ist noch offen, ob Deutschland die neue Stichtagsoption nutzt.
Auch beim Fruchtwechsel (GLÖZ 7) könnte Deutschland seit 2024 die Anbaudiversifizierung als Kriterium nutzen, tut es aber nicht: „Ohne nationale Umsetzung verpufft der Effekt im Grünland vollständig“, ist sich Hennies sicher.
Unabhängig davon werden für GLÖZ 7 Betriebe zwischen 10 und 30 Hektar (ha) von Kontrollen und Sanktionen ausgenommen. „Das entlastet kleinere Strukturen – löst aber nicht das Problem unserer Milchviehbetriebe, die oft nur begrenzte Fruchtfolgeoptionen haben und in der Regel alle größer sind“, betont hier der Landvolkpräsident. Der durchschnittliche Vollerwerbsbetrieb ist in Niedersachsen 93 ha groß, selbst die Mehrzahl der Nebenerwerbstriebe liegt über der 30 ha-Schwelle.
Beim Erosionsschutz (GLÖZ 5) soll ein Umbruch bei Pflanzenschutz-Notlagen möglich sein. Theoretisch hilfreich, praktisch erneut eine eng gefasste Ausnahme mit unklarer Umsetzung. „Schon jetzt zeigt sich: Jede Sonderregel bringt neuen Abstimmungsbedarf“, zeigt Hennies eventuelle weitere Dokumentationspflichten auf.
Dass es weniger Vor-Ort-Kontrollen geben soll, klingt erst einmal nach Entlastung. Allerdings soll stattdessen mehr auf automatisierte Prozesse und Methoden der Fernerkundung, also auf Satellitenfotos gesetzt werden. Damit könnten weitere Mitwirkungspflichten für Landwirte mittels Foto-App einhergehen und das erzeugt auf den Betrieben nach den bisherigen Erfahrungen deutlich mehr Arbeit. Solange die digitale Kommunikation zwischen Verwaltung und Betrieben und auch die automatisierten Prozesse in der Verwaltung nicht zuverlässig funktionieren, befürchtet das Landvolk potenziell mehr fehlerhafte Sanktionsbescheide.
Für den Landesbauernverband bleibt die GAP auch nach diesem Kompromiss ein schwerfälliges System mit jährlich wechselnden Stellschrauben. Kleine Entlastungen für einzelne Betriebstypen stehen einem weiterhin komplexen Gesamtkonstrukt gegenüber. Der politische Wille zur Öffnung ist sichtbar – die praktische Wirkung auf den Höfen dagegen vorerst begrenzt. „Unsere Landwirte erwarten mehr als nur kleinteilige Anpassungen, es müssen Regelungen ganz gestrichen werden. Fraglich ist auch, ob die Änderungen zum Antragsjahr 2026 überhaupt kommen werden. Minister Alois Rainer äußert sich positiv und mahnt an, dass keine Zeit verloren werden darf. Dann muss er jetzt aber auch liefern“, sagt Landvolkpräsident Hennies mit Blick auf die Zukunft. (LPD 87/2025)

